Pankreas

Oraler Glucosetoleranztest nach Gabe von 75 g Glucose

Prinzip des Tests

Die orale Zufuhr einer standardisierten Glucosemenge erhöht deren Konzentration im Blut. Das Überschreiten von definierten Grenzwerten erlaubt die Diagnose einer gestörten Glucosetoleranz bzw. eines Diabetes mellitus.

Indikation

  • Diagnose einer gestörten Glucosetoleranz bei abnormaler Nüchternglucose und klassischen Diabetessymptomen
  • Diagnose eines manifesten Diabetes mellitus bei abnormaler Nüchternglucose und klassischen Diabetessyndromen
  • Diagnose einer gestörten Glucosetoleranz oder eines manifesten Diabetes mellitus bei koronarer Herzerkrankung
  • Diagnose einer gestörten Glucosetoleranz oder eines manifesten Diabetes mellitus beim Syndrom der polyzystischen Ovarien

Kontraindikationen

Bekannter manifester Diabetes mellitus, Zustand nach Magendarmresektion, gastrointestinale Erkrankungen mit verändertem Resorptionsverhalten, Erkrankungen mit Aktivierung von Stresshormonen, Infektionen, Fieber, Myokardinfarkt.

Einnahme von kontrainsulären Pharmaka, so z. B. Cortisol, Thyroxin, β-Sympathomimetika, Progesteron.

Durchführung

Der Test soll 3 Tage vor und nach einer Menstruation nicht durchgeführt werden. Mindestens 3 Tage vor der Untersuchung soll sich der Patient mit einer normalen Mischkost bei > 150 g Kohlenhydrate pro Tag ernähren. In den letzten 10 h vor dem Test ist Nahrungskarenz einzuhalten. Vor und während des Tests darf der Patient nicht rauchen und sich körperlich nicht betätigen.

Zeit

Gabe von

Blutentnahme

 

 

Analyt

Material

0 min

 

Glucose

Natriumfluorid-Plasma

 

75 g Glucose in 300 mL Wasser über 5 min

 

 

60 min

 

Glucose

Natriumfluorid-Plasma

120 min

 

Glucose

Natriumfluorid-Plasma

Bewertung

Die 60 min-Bestimmung ist fakultativ, d. h. der eigentliche Test beinhaltet nur den 0 min- und den 120 min-Wert. Der 1 h-Meßwert gibt aber (zusätzliche) Hinweise auf die Plausibilität des Tests und die Dynamik des Konzentrationsverlaufs. Für die Bewertung im Einzelnen ergibt sich nachfolgend getrennt aufgeführt für Natriumfluorid-Plasma und kapilläres Vollblut:

Glucose im Natriumfluorid-Plasma

 

0 min (nüchtern)

120 min

0 min (nüchtern)

120 min

Normal

< 100 mg/dL

< 140 mg/dL

< 5,6 mmol/L

< 7,8 mmol/L

Abnormal nüchtern

100 – 125 mg/dL

 

5,6 – 6,9 mmol/L

 

Gestörte Glucosetoleranz

< 126 mg/dL

140 – 199 mg/dL

< 7,0 mmol/L

7,8 – 11,0 mmol/L

Diabetes mellitus

≥ 126 mg/dL

≥ 200 mg/dL

≥ 7,0 mmol/L

≥ 11,1 mmol/L

 

Glucose im kapillären Vollblut

 

0 min (nüchtern)

120 min

0 min (nüchtern)

120 min

Normal

< 90 mg/dL

< 140 mg/dL

< 5,0 mmol/L

< 7,8 mmol/L

Abnormal nüchtern

90 – 109 mg/dL

 

5,0 – 6,0 mmol/L

 

Gestörte Glucosetoleranz

< 110 mg/dL

140 – 199 mg/dL

< 6,1 mmol/L

7,8 – 11,0 mmol/L

Diabetes mellitus

≥ 110 mg/dL

≥ 200 mg/dL

≥ 6,1 mmol/L

≥ 11,1 mmol/L

Fehlerquellen

Perimenstruell kann es zu falsch positiven Werten kommen. Die Kontraindikationen (siehe oben) müssen Beachtung finden. Der Test sollte nur nach Korrektur einer Hypomagnesiämie oder Hypokaliämie durchgeführt werden, da es sonst zu einer abgeschwächten Insulinsekretion kommt.

Handmessgeräte (POC-Geräte) dürfen für den Test nicht verwendet werden!

Die Stabilität der Glucose im Entnahmegefäß stellt ein großes Problem dar. Serum ist für die Glucosebestimmung kein geeignetes Material, insbesondere wenn die Probe bei Raumtemperatur gelagert wird. Für die Stabilität der Glucose in einer entnommenen Probe gelten folgende Richtwerte:

  • Vollblut ohne Natriumfluorid bei 20 °C: 1 h
  • Natriumfluorid-Plasma bei 20 °C: 3 Tage
  • Serum bei 20 °C: 8 h
  • Serum bei 4 °C: 3 Tage

Oraler Glucosetoleranztest nach Gabe von 75 g Glucose bei Schwangeren

Indikation

  • Früherkennung eines Gestationsdiabetes bei allen Schwangeren
  • Folgetest bei positivem Ausfall des Suchtests für Schwangere mit 50 g Gucose oral

Durchführung

Der Test soll bei allen Schwangeren mit SSW 24 + 0 bis 27 + 6 durchgeführt werden, falls nicht schon ein Diabetes mellitus vorliegt und Risikofaktoren (siehe oben) ausgeschlossen sind. Er soll nicht vor 06:00 h und nicht nach 09:00 h erfolgen.

Der Ablauf folgt dem Test für nicht schwangere Personen (siehe oben), beinhaltet jetzt aber einen obligaten 60 min-Wert. Die Glucosebestimmungen erfolgen ausschließlich aus venösem Plasma.

Bewertung

Als Gestatationsdiabetes wird das Erreichen oder Überschreiten von mindestens einem der drei Grenzwerte im venösen Plasma gewertet. Die Grenzwerte der nachfolgenden Tabelle gehen auf Empfehlungen der IADPSG (International Association of Diabetes in Pregnancy Study Groups) zurück.

Glucose im Natriumfluorid-Plasma

 

Konzentration in mg/dL

Konzentration in mmol/L

0 min (nüchtern)

< 92

< 5,1

60 min

180

10,0

120 min

153

8,5

Fehlerquellen

Sie entsprechen denjenigen des Tests mit 75 g Glucose für nicht schwangere Personen.

Oraler Glucosetoleranztest nach Gabe von 50 g Glucose bei Schwangeren

Indikation

  • Früherkennung eines Gestationsdiabetes bei allen Schwangeren.

Durchführung

Der Test kann spontan und unabhängig von Tageszeit und Nahrungsaufnahme durchgeführt werden. Er soll in der 24. bis 28 Schwangerschaftswoche vorgenommen werden.

Zeit

Gabe von

Blutentnahme

 

 

Analyt

Material

0 min

50 g Glucose in 200 mL Wasser

 

 

60 min

 

Glucose

Natriumfluorid/Citrat-Plasma

Bewertung

Glucose im Natriumfluorid-Plasma

Zeit

Konzentration in mg/dL

Konzentration in mmol/L

Interpretation

60 min

≥ 135

≥ 7,5

Positiver Suchtest. Es muss ein standar­disierter oraler Glucosetolerantest mit 75 g Glucose angeschlossen werden.

Literatur

Deutsche Diabetes Gesellschaft und Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Gestationsdiabetes. S3-Leitlinie, Stand 08/2011: 19, 25
Lehnert, H.: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. Thieme 3. Auflage 2010: 520, 521
Schäffler, A. et al.: Funktionsdiagnostik in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. Springer 1. Auflage 2009: 8 - 14

Sekretin-Test

Prinzip des Tests

Sekretin stimuliert die Gastrinsekretion der antralen G-Zellen im Magen. Beim Zollinger-Ellison-Syndrom findet sich eine pathologisch erhöhte Stimulierbarkeit der Gastrinsekretion.

Indikation

  • Differentialdiagnose einer Hypergastrinämie; Abgrenzung des Zollinger-Ellison-Syndroms gegenüber anderen Ursachen einer erhöhten Gastrinsekretion im Blut.

Kontraindikationen

Eine Kontraindikation ist die akute Pankreatitis sowie der akute Schub einer chronischen Hepatitis. Mindestens zwei Wochen nach Abklingen der akuten Symptome darf der Test nicht angewendet werden.

Durchführung

Ein Tag vor Testdurchführung müssen Antacida, Anticholinergika und H2-Rezeptorantagonisten abgesetzt werden. Eine Behandlung mit Protonenpumpeninhibitoren sollte mindestens 5 - 7 Tage vorher beendet werden. Vor dem Test muss eine Nahrungskarenz von 12 Stunden eingehalten werden; der Patient bleibt während des Tests nüchtern. Vor Testbeginn wird ein venöser Zugang gelegt.

Zeit Gabe von  Blutentnahme 
    Analyt Material
 -15 min   Gastrin 1 ml Serum, tiefgefroren
 0 min   Gastrin 1 ml Serum, tiefgefroren
  2 U Sekretin/kg Körpergewicht binnen 30 s
intravenös
   
 2 min   Gastrin  1 ml Serum, tiefgefroren
 5 min   Gastrin  1 ml Serum, tiefgefroren
 10 min   Gastrin  1 ml Serum, tiefgefroren
 15 min   Gastrin  1 ml Serum, tiefgefroren
30 min   Gastrin 1 ml Serum, tiefgefroren

Bewertung

  • Zollinger-Ellison-Syndrom: Beim Gastrinom kommt es nach Sekretingabe zu einem Anstieg des Gastrins im Serum um mehr als 200 ng/L nach 2 - 10 min. Bei etwa 10 % der Patienten mit einem Zollinger-Ellison-Syndrom bleibt der Sekretin-Test negativ. Postoperativ zeigt eine Normalisierung der Gastrinkonzentration eine vollständige Entfernung der Gastrinome an.
  • Antrale G-Zell-Überfunktion: Der Test zeigt keinen Anstieg des Gastrins.
  • Antrumschleimhautrest in der zuführenden Schlinge bei Billroth II-Magen: Der Test zeigt keinen Anstieg des Gastrins.
  • Vagotomie: Bei Rezidivulcera nach Vagotomie mit Hypergastrinämie und normaler Säuresekretion zeigt der Test keinen Anstieg des Gastrins.

Fehlerquellen

  • Gastrin ist instabil und verliert bis zur 50 % seiner Aktivität bei 4 °C innerhalb von 48 Stunden. Lagerung bei -20 °C, langfristig bei -70 °C
  • Bei häufigem Einfrieren und Auftauen kommt es zum Abbau des Gastrins
  • Hämolyse stört die Gastrinbestimmung

Literatur

Lehnert, H.: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. Thieme 3. Auflage 2010: 519

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